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In Baden-Württemberg sind knapp 40 Prozent der Flächen bewaldet – mit Fichte als häufigster Baumart, gefolgt von Buche, Tanne und Eiche. Ein Blick auf die Besitzverhältnisse zeigt, dass im Schwarzwald der Anteil der Privatwaldbesitzenden überwiegt. Als Folge des historischen Realerbteilungsrechts im Süden werden hier vor allem mittelgroße bis kleine und kleinste Privatwälder bewirtschaftet. Im Durchschnitt kommen in Baden-Württemberg auf jeden privaten Waldbesitzenden 2,4 Hektar. Das sind etwas mehr als zwei Fußballfelder. Haben diese sich tatsächlich alle einer gemeinsamen Waldstrategie verschrieben oder sorgt hier jeder auf seine Weise für den eigenen Wald?
Enkeltauglich: Klimastabiler Mischwald
Doch zunächst eine ganz grundlegende Frage: Wie sähe er denn aus der zukunftsfähige, enkeltaugliche (Schwarz)Wald? Gerade die Fichte ist anfällig und hat in den letzten Jahren unter Trockenheit, Stürmen und Käferbefall sehr gelitten. Entsprechend sind sich Experten darin einig, dass die Fichte in Anbetracht der zu erwartenden Klimaveränderungen im Schwarzwald kaum Zukunft haben wird. Damit der Wald in seinen diversen Funktionen – als Wirtschaftsgrundlage wie als Erholungsort, als Wasserspeicher und Hort der Biodiversität – auch unseren Enkeln noch zur Verfügung stehen wird, muss er dem Klima angepasst werden. Das kann auf verschiedene Weisen erfolgen. In Naturwaldentwicklungsflächen setzt man auf die natürliche Anpassung, während man auf Waldwirtschaftsflächen vom Waldumbau spricht, also vom aktiven Pflanzen anderer Baumarten als bisher. Aktuelle Forschungsergebnisse raten zum sogenannten klimastabilen Mischwald. Zu den klimaresistenteren Baumarten, die dafür in Frage kommen, zählen im Schwarzwald zum Beispiel Eiche und Tanne.
An einem Strang ziehen: Wald- und Wildtiermanagement
Gerade Eiche und Tanne sind in jungen Jahren jedoch besonders gefährdet durch Verbiss von Rehen. Die für Rehgaumen weniger attraktiven, piksenden Fichtentriebe hingegen werden von den Tieren gemieden und gedeihen zu Ungunsten von Eiche und Tanne. Aus diesem Grund spielt auch die Jagd eine wichtige Rolle im Rahmen einer klimaresilienten Waldbewirtschaftung, die bewusst eine Dominanz von nur wenigen Baumarten vermeidet. Letzteres ist letztlich auch für Waldbesitzende weniger rentabel, da Wälder mit wenigen Baumarten schneller Sturm, Dürre oder Krankheiten zum Opfer fallen.
Der Leitfaden „Klimastabile Wälder“ des Forest Stewardship Council (FSC) Deutschland mit Sitz in Freiburg beschäftigt sich eingehend mit diesem Zusammenhang zwischen nachhaltiger Waldwirtschaft und Jagd, den auch der „Praxis-Ratgeber Waldumbau und Jagd“ der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg beleuchtet.
Revierförster sind Ansprechpartner vor Ort
Eine Vielzahl von Baumarten und die Kontrolle des Wildbestands sind offenbar entscheidend für die Entwicklung oder den Umbau hin zum klimabeständigen Wald. Mit Blick auf die Vielzahl kleiner Waldgebiete und dem hohen Anteil von Privatbesitz bleibt die Frage nach der praktischen Umsetzung. Sind alle Waldbesitzer bei ihren Umbaumaßnahmen auf sich gestellt? Michelle McCutcheon der Landesforstverwaltung in Freiburg gibt Auskunft: Privat- und Kommunalwaldangelegenheiten betreue die Forstdirektion „Das betrifft sowohl klimabezogene waldbauliche Themen als auch Fragen der Förderung.“ Der Schwerpunkt der Beratung liege vor allem auf der Unterstützung der sogenannten unteren Forstbehörden der Stadt- und Landkreise. Diese seien direkter Ansprechpartner der Privat- und Kommunalwaldbesitzenden. Aber: „In der Regel wenden sich Privatwaldbesitzende mit klimabezogenen waldbaulichen Fragen direkt an ihren zuständigen Revierförster vor Ort“, so Frau McCutcheon. Orientierung für die klimaresiliente Waldbewirtschaftung in Baden-Württemberg bietet auch die 2020 auf den Weg gebrachte Waldstrategie. Sie setzt sich dabei mit allen Waldbesitzarten auseinander, also auch mit den Themen des Privatwalds.
„Hier tickt eine Zeitbombe“
Angekommen ist der Klimawandel auch im Wald von Land- und Forstwirt Karlheinz Schillinger. Er bewirtschaftet den Höfenhof bei Schiltach und damit Weißtannengebiet. Aufgrund ihrer tiefwurzelnden Pfahlwurzel gilt die Weißtanne eigentlich als klimaresilient. Doch irgendwann geht auch ihr das Wasser aus gerade in Gegenden, in denen unter einer dünnen Humusschicht Gestein liegt. „Bei uns am Südhang sind selbst die starken Tannen dürr geworden“, erzählt Schillinger und bezeichnet zudem den Tannenborkenkäfer als besonders aggressiv, „hier tickt eine ordentliche Zeitbombe“.
Auch sei ein Waldumbau nicht so einfach, wie es klingt. Manch eine gut gemeinte Aktion führe zu unbedachten Folgen, so der Forstwirt. Man könne zum Beispiel einzelne Tannen herausnehmen, um Licht an den Boden und damit bessere Bedingungen für die Verjüngung, also nachwachsende andere Baumarten schaffen. „Bei mir waren aber durch die geschaffenen Lücken die verbleibenden Bestände plötzlich windanfälliger und die Baumkrone wurde schwächer.“ Ein Waldumbau jedoch koste Geld: „Für einen Mischwaldaufbau auf einem Hektar Wald sind ganz schnell mal 15 bis 20.000 Euro weg“, erläutert Karlheinz Schillinger. Nicht zu vergessen: der zeitliche Aufwand. Gerade wer seinen Wald im Nebenerwerb bewirtschafte, agiere eher dort, wo es – im übertragenen Sinne – brenne. Kapazitäten, um die Waldbewirtschaftung langfristig nachhaltig zu planen, fehlten in solchen Fällen schlichtweg.