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Mutige Entscheidungen – Teil 2: Florian Binder

von Katja Brudermann, 26. März 2024 In Teil 2 der Serie „Landwirte erzählen“ schildert Florian Binder, wie es dazu kam, dass er zunächst in der Industrie arbeitete, bevor er den elterlichen Bio-Gemüsehof in Vollzeit übernahm, und welche Erfahrungen aus der Studienzeit ihm heute noch helfen, schwierige Entscheidungen zu treffen.
Mutige Entscheidungen – Teil 2: Florian Binder
Florian Binder, Lindenbrunnenhof in Forcheim

Florian Binder ist auf einem Biolandhof mit Gemüse und Kartoffeln in Forchheim in Baden aufgewachsen und hatte zunächst keine Ambitionen, den Betrieb zu übernehmen. Nach einem technischen Studium war er einige Jahre in der Industrie tätig. Mit dem Umzug zurück in den Süden Deutschlands stand die absehbare Entscheidung um die Zukunft des elterlichen Betriebs vor der Tür. Heute ist er in Vollzeit in Gemüsebau, Direktvermarktung und Betriebsleitung dabei.

„Eine mutige Entscheidung war für mich, dass ich für einen Masterstudiengang nach Köln gegangen bin. Ich bin sehr heimatverbunden – meinen Wohnort, meinen Freundeskreis hinter mir zu lassen, ist mir nicht so leicht gefallen. Dass ich heute doch im elterlichen Betrieb mitarbeite und zunächst nicht mehr in der Industrie, hat mich weniger Mut gekostet – es erschien mir einfach sinnvoll und folgerichtig. Hätte ich diesen Schritt nicht getan, wäre der Betrieb früher oder später zu Ende gegangen, und das wollte ich verhindern. Die nachhaltige Erzeugung von Lebensmitteln ist schlussendlich wichtiger als alternative Energiequellen, mit denen ich in Studium und Job zu tun hatte. Und doch sind beide Themen eng verwoben – geht es doch immer um umweltrelevante Flächen- und Ressourcennutzung und die Reduzierung von CO2-Ausstoß. Die Erfahrungen, die ich jetzt mache, bestätigen mich in meiner Entscheidung. Es ist zwar viel Arbeit, und ich merke auch immer wieder: Was ich mir hier täglich an neuen Kompetenzen aneignen muss, ist nach meinem Studium wie eine zweite Ausbildung. Aber ich habe viel Freude am Draußensein – am meisten liegt mir die Arbeit im Gemüse, mit den Händen noch mehr als mit Maschinen. Ich habe viele kleine Erfolgserlebnisse. Ein Beispiel: Meine Eltern haben jahrelang einen Gärtner gesucht, der sie im Anbau unterstützt. Nachdem ich entschieden habe, voll mit einzusteigen, haben wir endlich eine Basis für eine gute Zusammenarbeit mit Familien-externen Menschen gefunden und einen Gärtner eingestellt. Und wo meine Eltern jahrelang mehr nach Gefühl gearbeitet haben, liegen mir nun die ersten Zahlen vor, anhand derer ich auswerten kann, welche Kulturen wirtschaftlich interessant sind und welche weniger. Gemeinsam arbeiten wir an einem zukunftsfähigen Betriebskonzept.

Gemüse Vielfalt auf dem Lindenbrunnenhof
Gemüse Vielfalt auf dem Lindenbrunnenhof

In der Betriebsleitung stehen immer wieder kleine und größere Entscheidungen an. Was mich dabei ausbremsen kann, ist immer wieder der Anspruch, den ich an mich selbst habe. Ich habe viele Vorstellungen im Kopf, wie ich sein sollte, und die sind nicht immer hilfreich. Hilfreich finde ich dagegen meine Erfahrung aus der Studienzeit. Da habe ich meist in kleinen WG-Zimmern gelebt und, was ich im Alltag brauchte, passte in einen Rucksack. Das Wissen darum, dass man zum Zufriedensein nur wenig braucht, macht viele Entscheidungen deutlich leichter.“

Lesen Sie hier Teil 1 der Serie „Landwirte erzählen“.

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