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Zusammen ist man weniger allein

Weidegemeinschaften im Wandel der Zeit

von Katja Brudermann, 7. Januar 2022 Dass landwirtschaftliche Betriebe sich zusammentun, um Ressourcen gemeinsam zu nutzen und Arbeitszeit zu sparen, ist nicht neu. Wie hat Zusammenarbeit früher funktioniert? Und wie funktioniert sie heute – unter dem beständigen Wandel der Rahmenbedingungen? Dies zeigt beispielsweise die Nutzung von Gemeinschaftsweiden in Höhenlagen.
Weidegemeinschaften im Wandel der Zeit
Gemeinschaftsweide im Hochschwarzwald

In der Alpenregion gibt es viele Gemeinschaftsalpen: Mehrere Betriebe tun sich – oft in Form einer Genossenschaft – zusammen. Das Vieh aller Betriebe verbringt den Sommer als eine große Herde in Höhenlagen weit oberhalb der betriebseigenen Flächen. Gemeinsam finanzieren die Betriebe einen Hirten, der den Sommer auf der Alp verbringt und das Vieh versorgt. Ähnliche Strukturen gibt es auch im Schwarzwald. Auf dem Kandel und am Feldberg werden Weideflächen von Weidegenossenschaften gepflegt und den Sommer über von Herden beweidet, die von unterschiedlichen Betrieben zusammenkommen. Auf dem Kandel gibt es sogar – ähnlich wie in den Schweizer Bergen – eine kleine Alphütte mit Vesperstube, die während der Weidesaison geöffnet ist.

Eine sommerliche Gemeinschaftsweide bringt für die einzelnen Betriebe deutliche Vorteile: Weder Futter, Stall noch Arbeitszeit werden für die Tiere benötigt, während sie im „Sommerferienlager“ sind. Nur die anteiligen Kosten für die Sommerweide muss jeder Betrieb tragen, und die liegen meist deutlich niedriger als sie für die daheim gebliebenen Tiere sind.

Durch den allgemeinen Strukturwandel hat sich die Situation für viele Weidegenossenschaften verändert. Noch vor 50 Jahren war es keine Frage, ob es in den eigenen Reihen genug Tiere gab, um die vorhandenen Gemeinschaftsweiden zu füllen. Doch die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe ist seither drastisch geschrumpft. Entsprechend ist die Summe der Tiere innerhalb einer Weidegenossenschaft oftmals zu klein, um die traditionellen Flächen vollständig abzuweiden. Die freien Plätze werden an Tiere aus einem weiteren Umkreis vergeben. Da weiterhin Höfe aufgeben, steht die Frage im Raum: Wann ist die nötige Tierzahl für eine Sommerweide nicht mehr zu erreichen, ohne Tiere aus unverhältnismäßiger Entfernung mit einzubeziehen? Einen interessanten Lösungsansatz hat die Alpe Puzzetta nahe des Lukmanierpasses gefunden: Sie wird heute vom Bergwaldprojekt, einem gemeinnützigen Verein, unter tatkräftiger Mitarbeit ehrenamtlicher Helfer betrieben. So bleibt sie finanziell tragfähig, trotz kleinerer Tierzahlen.

Kulturlandschaftspflege durch Weidewirtschaftung
Kulturlandschaftspflege durch Weidewirtschaftung

Landwirtschaftliche Betriebe sind in den letzten Jahrzehnten vielseitiger geworden und damit auch die Wünsche, die bei einer Zusammenarbeit mit anderen eine Rolle spielen: Vielmals geht es um eine Landbewirtschaftung, die den eigenen Vorstellungen von Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Tierwohl entspricht, um ein Betriebskonzept, in dem neben den täglichen Routinearbeiten auch Raum für Freizeit und Kreativität bleibt, und um ein Miteinander, das sich auch auf der menschlichen Seite gut anfühlt. Aus einem vielschichtigen, ganzheitlichen Blick heraus entstehen neben den traditionellen Weidegenossenschaften zunehmend neue Kooperationsmodelle mit eigenen Zielen. Ein Beispiel ist die Erzeugergemeinschaft Schwarzwald Bio-Weiderind, deren Mitglieder überwiegend im Südschwarzwald anzutreffen sind. Dank einer Einigung auf die Richtlinien des Naturland-Verbandes und eine gemeinsame Vermarktungsschiene ist heute eine breite Palette von Frischfleisch und verarbeiteten Produkten im Einzelhandel erhältlich – in dieser Dimension wäre das von einem Einzelbetrieb kaum zu leisten.

Für eine gute Zusammenarbeit braucht es eine Einigung auf gemeinsame Ziele und ein gemeinsames Verständnis, wer welchen Beitrag zum Erreichen dieser Ziele leistet. Unzählige weitere Beispiele hierfür finden oftmals auch abseits der Öffentlichkeit statt – überall da, wo benachbarte Betriebe eine Maschine teilen oder einander ganz formlos helfen, wenn Not am Mann ist.

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