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Das betriebswirtschaftliche Denken reicht bisweilen bis in die Lebensberechtigung von Nutztieren hinein – zum Beispiel bei den männlichen Küken von Legehennenrassen. Der Markt fordert viele Eier zu möglichst günstigen Preisen – also werden Hühner gezüchtet, die zuverlässig jeden Tag ein Ei legen. Mit dieser Ausrichtung bilden sich Rassen heraus, die diesem Zuchtziel gerecht werden, dafür aber weniger Fleisch ansetzen. Folglich sind die Hähne dieser Rassen auf dem Markt nicht gut zu gebrauchen.
Die meisten Legehennenhalter in Deutschland haben keine eigenen Brut- und Aufzuchtstationen – sie kaufen von entsprechend spezialisierten Betrieben Junghennen in legereifem Alter zu. Die Frage, wohin mit den männlichen Tieren, liegt also nicht unmittelbar bei den Legehennenbetrieben, sondern bei den Brut- und Aufzuchtbetrieben. Für diese ist es aus betriebswirtschaftlicher und organisatorischer Sicht am einfachsten, die Tiere nach dem Schlüpfen zu sortieren – die weiblichen zu verkaufen und die männlichen zu töten. Was ziemlich martialisch klingt, war auch bei uns in Deutschland bis Ende 2021 durchaus gängige Praxis. Dann trat ein Gesetz in Kraft, welches das Töten männlicher Küken untersagt.
Nun kaufen die Legehennenbetriebe weiterhin ihre Junghennen bei spezialisierten Brut- und Aufzuchtbetrieben zu – dabei können sie aus verschiedenen Optionen wählen: Sie können Hennen kaufen, deren Geschlecht bereits vor dem Schlüpfen erkannt wurde – ihre männlichen Geschwister wurden schon vor dem Schlüpfen entsorgt. Oder sie entscheiden sich für weibliche Küken, die zu einem höheren Preis verkauft werden, weil der Verkäufer garantiert, dass die männlichen Geschwister ordnungsgemäß vermarktet und ebenfalls aufgezogen werden. Die dritte Möglichkeit versteckt sich ein wenig hinter der genauen Formulierung des deutschen Gesetzes. Dieses verbietet nämlich nur das Töten männlicher Küken innerhalb der Landesgrenzen. In anderen Ländern ist das Kükentöten weiterhin erlaubt, und auch die Aufzucht weiblicher Küken, deren männliche Geschwister in anderen Ländern getötet wurden, ist hierzulande weiterhin legal. Wer also nach wie vor so kostensparend wie möglich Eier produzieren möchte, kann sich im Ausland nach entsprechenden Lieferanten umschauen.
In Süddeutschland haben sich 60 Betriebe mit einer Gesamt-Vermarktungsmenge von ca. 400 Mio. Eiern jährlich zur Werbegemeinschaft 08-er Eier aus Baden-Württemberg e.V. zusammengeschlossen. Die meisten Mitgliedsbetriebe stammen aus Baden-Württemberg, es gehören jedoch auch einzelne Betriebe aus anderen Bundesländern dazu. Und die Gemeinschaft dieser Betriebe hat einstimmig beschlossen: Wir wollen nur noch weibliche Küken einkaufen, deren Brüder ebenfalls aufgezogen werden. Das bedeutet konkret: Jedes konventionelle Ei, das im Rahmen dieser freiwilligen Selbstverpflichtung gelegt wurde, kostet am Ende ungefähr 0,03 € mehr und jedes Bio-Ei rund 0,05 € mehr im Vergleich zu Eiern, die von Hühnern gelegt wurden, die unter anderen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Ausland geschlüpft sind.
Die Realität rund um die Eier sieht nun wie folgt aus: Die Mitglieder der 08-er Gruppe haben mit ihrer internen Verpflichtung eine beherzte Entscheidung getroffen, die in erster Linie das Wohl der Tiere betrifft. Die Einzelhändler und letztendlich jeder, der eine Schachtel Eier kauft, steht vor der Wahl: Zahle ich ein paar Cent mehr dafür, dass keine männlichen Küken getötet wurden? Oder ist es mir wichtiger, dass mein Einkauf den persönlichen finanziellen Rahmen nicht überschreitet? Je nachdem, was das monatliche Gesamtbudget hergibt, mag die eine oder die andere Entscheidung verständlich sein. Damit es jedoch nicht am Unwissen scheitert: In Baden-Württemberg kauft rund die Hälfte der Legehennenbetriebe ihre Junghennen von Betrieben zu, die eine Aufzucht der männlichen Küken garantieren – die andere Hälfte nimmt das Kükentöten weiterhin in Kauf. Die Werbegemeinschaft 08-er Eier aus Baden-Württemberg e.V. hat eigens das Label „Huhn & Hahn Initiative“ entwickelt – auf der Eierschachtel platziert steht es für eine Junghennenaufzucht, in der auch die Hähne ihren Platz haben. Wenn Eierschachteln weder dieses Label noch einen vergleichbaren Hinweis „ohne Kükentöten“ enthalten, kann man tendenziell davon ausgehen, dass männliche Küken getötet wurden. Im Zweifelsfall hilft natürlich auch direktes Nachfragen beim Erzeuger persönlich.