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Nachlese Höfe-Festival 2025

Land und Leben – Geschichten aus dem LandKultur-Zelt

von Katja Brudermann, 24. Oktober 2025 Das LandKultur-Zelt hat sich als fester Bestandteil des Höfe-Festivals etabliert. Auch in diesem Jahr gewährten Landwirte persönliche Einblicke – von probiotischem Weinbau über Hinterwälder Rinder bis zu Gedichten eines Gärtners und darüber hinaus. Ein Format, bei dem Erzählende und Lauschende, Erzeuger und Verbraucher zusammenfinden.
Land und Leben – Geschichten aus dem LandKultur-Zelt
Das LandKultur Zelt, eine Besonderheit auf dem Höfe-Festival

Jenseits der großen Bühne in der Rainhof Scheune und am Rand des bunten Treibens auf dem Gelände des Höfe-Festivals 2025 kamen Erzeuger und Verbraucher, Erzählende und Lauschende im LandKultur-Zelt ins Gespräch. Gemütliche Strohballen als Sitzgelegenheit und eine knappe Stunde Zeit für jeden Referenten gaben die Gelegenheit, tiefer einzusteigen und Fragen aufzugreifen, die sich nicht in wenigen Sätzen beantworten lassen. Passend zum Motto des Festivals brachten die Geschichten die Vielfalt der bäuerlichen Landwirtschaft und des Lebens auf dem Land zum Ausdruck.

Als Frau auf einem landwirtschaftlichen Betrieb zu arbeiten und Landwirtschaft auf eine weibliche Weise zu gestalten, ist nicht unbedingt dasselbe. Das wurde im Gespräch mit Romana Schneider von der Schelinger Jungviehweide im Kaiserstuhl und Antonia Wetzel, Bergbäuerin aus dem Belchen-Gebiet, klar. „Mein Mann und ich führen den Betrieb gemeinsam, und doch würde ich sagen, wir tun das auf eine sehr weibliche Weise – wir pflegen die Vielfalt auf unseren Flächen und haben uns für einen einfachen, eher technik-armen Lebensstil entschieden“, berichtet Romana Schneider. Antonia Wetzel steht als alleinstehende Betriebsleiterin immer wieder ihren Mann. Was es für sie bedeutet, mit weiblichen Kompetenzen zu agieren, zeigte sich, als sie nach einem Unfall und mit angebrochenen Rippen bei einer lebhaften Hinterwälder Kuh Geburtshilfe leisten musste. „Das Kalb mit Kraft herauszuziehen, stand mir nicht zur Verfügung. Dann hatte ich das Gefühl, dass die Kuh und ich mit sanfter Kraft kooperiert und das Kalb gut auf die Welt gebracht haben.“

Was zeichnet die Hinterwälder Rinder aus? Warum sind sie vom Aussterben bedroht und was bewegt die Menschen im Südschwarzwald, sie dennoch zu bewahren? Mit dieser Frage im Blick besuchte Katja Brudermann etliche Höfe wie auch Metzger und Gastronomen, um gemeinsam mit Dr. Franz Maus und Johanna Pietschmann ein Buch über diese Rasse zu schreiben. Sie las ein paar Passagen aus dem frisch der Druckerei entsprungenen Buch vor, zudem kamen Hinterwälder-Halter zu Wort; sie lobten die Robustheit der Tiere und die perfekte Anpassung an die Steilhänge im südlichen Schwarzwald.

Was hat der spätmittelalterliche Bauernaufstand mit den heutigen Bauernprotesten gemein? Rainer Bank, Landwirt aus Kirchzarten, gab sein breites historisches Wissen zum Besten und informierte über die Bauernkriege, die vor rund 500 Jahren an vielen Orten in Europa wüteten – auch im Breisgau und im Schwarzwald. Die Gründe für die Unzufriedenheit der damaligen Bauern: Leibeigenschaft und Armut, immer wieder Missernten und eine herrschende Klasse, die sich zum Erhalt einer klein strukturierten und mühseligen Bürokratie bei den Bauern weit über das Maß hinaus bediente. Die Bauernproteste, die Anfang des Jahres 2024 bundesweit stattfanden, hatten ähnliche Themen zum Inhalt. Vordergründig ging es um die Kürzung der Subventionen für den Agrardiesel – aus Sicht von Rainer Bank nicht mehr als ein Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Wie auch schon vor 500 Jahren begegnen die Landwirte einer überbordenden Bürokratie und mangelnder Wertschätzung von großen Teilen der Gesellschaft.

Auch das Theaterstück „dass wir frei sind“, das anlässlich des Höfe-Festivals in der Rainhof Scheune uraufgeführt wurde, hatte die Bauernkriege zum Inhalt. Len Shirts und Franziska Braegger, die als Theater R.A.B. in Freiburg bekannt sind, gewährten im LandKultur-Zelt Einblicke in die Entwicklung des Theaterstücks aus historischem Stoff. „Wir haben einige Bücher über die Bauernkriege gelesen, Menschen interviewt, Internetrecherche betrieben und im Team viel darüber diskutiert“, erzählt Franziska Braegger. Sowohl auf der Bühne als auch in der Gesprächsrunde im Zelt war eine Betroffenheit zu spüren, die von den Parallelen damaliger wie heutiger Sorgen der Landwirte bis zur Weltpolitik reichte, in der Kriege bis heute immer wieder an der Tagesordnung stehen.

Im LandKultur Zelt auf dem Höfe-Festival
Im LandKultur Zelt auf dem Höfe-Festival

Mit der Überschrift „Raus aus der Arbeitsfalle“ gab Rainer Bank sehr persönliche Einblicke in seinen Lebensweg als Landwirt auf dem Thaddäushof in Kirchzarten. Das Milchvieh aufzugeben, das über lange Zeit die wirtschaftliche Existenz des Betriebs sicherstellte, war kein leichter Schritt. Doch der Wunsch, mehr Freiräume zu haben für weitere Talente, die in ihm schlummern, wog schwerer. Heute schreibt Rainer Bank neben seinen Aktivitäten am Hof regelmäßig Beiträge für das Online-Magazin von Marktplatz LandKultur.

Ronald Linder vermittelte, wie stark sich ein „normaler“ Weinberg von der Umgebung unterscheidet, in der Rebpflanzen ursprünglich beheimatet waren, und wie er durch Zwischenbepflanzung mit Salbei und anderen Arten sowie mit der Beweidung der Weinberge mit Schafen an einer „artgerechten Rebenhaltung“ arbeitet. Seine Naturweine kommen im Anbau ohne synthetischen Pflanzenschutz und auch ohne Kupfer und Schwefel aus, vergären ohne Zusatz von Zuchthefen und bewahren in der Flasche lebende Hefekulturen.

Spontanen Applaus erntete Werner Braun, Agraringenieur und Mitarbeiter der Gärtnerei Echinos in Buchenbach, für seine Gedichte. In diesen beschreibt er seine Begegnungen mit Jahreszeiten, mit Pflanzen und der Erde als lebendes Wesen, die er in seinem Alltag im biologisch-dynamischen Gemüsebau mit betreuten Menschen erlebt.

… und wenn die Bauernhof-Tiere sich selbständig machen, um ein eigenes Haus zu bauen? Davon erzählte Dorothea Bitti und sorgte dafür, dass auch die Kinder im LandKultur-Zelt auf ihre Kosten kamen.

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