Für Landwirte →

Neue Wege der Agrarbildung

Ein internationales Workcamp für Studierende im Dreisamtal

von Rainer Bank, 19. Dezember 2025 Im Vorfeld des diesjährigen Höfe-Festivals fand erstmals ein Workcamp von Agrarstudierenden aus Deutschland und Frankreich im Dreisamtal statt. Die Studierenden hatten dabei die Möglichkeit, die hiesige bäuerliche Landwirtschaft und ihre besonderen Herausforderungen hautnah kennenzulernen.
Ein internationales Workcamp für Studierende im Dreisamtal
Teilnehmer des internationalen Workcamps im Dreisamtal 2025

Erstmals fand vom 19. bis zum 28. September 2025 ein Workcamp für Studierende von der Berliner Humboldt-Universität und Auszubildende aus Frankreich von der Ecole supérieur dʼagriculture dʼAngers statt. Initiiert wurde es von Dr. Dieter Franz Obermaier, gelernter Gärtner, Landschaftsarchitekt und promovierter Agrarwissenschaftler an der Berliner Humboldt-Universität. Im Rahmen seiner Lehre ist es ihm besonders wichtig, dass das Studium der Agrarwissenschaften nicht nur theoretisch fundiert ist, sondern Einblicke in den tatsächlichen Arbeitsalltag von Landwirtschaftsfamilien ermöglicht. Daher führt er seit einigen Jahren Workcamps an verschiedenen Orten in Europa durch.

Obermaiers Motto lautet ‚Bubble Breaking‘ – also die Menschen aus ihrer Blase herausholen, sie für neue Perspektiven öffnen und somit Verständnis fördern. Auf die Landwirtschaft bezogen, bedeutet das: Da nur noch knapp 2% der Bevölkerung direkt in der Landwirtschaft beschäftigt sind und 98% der Bevölkerung überhaupt keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft haben, ist eine gesellschaftliche Kluft entstanden, die dazu führt, dass mehr übereinander statt miteinander gesprochen wird. Obermaiers Vision ist es, diese Kluft zu überwinden und den Menschen insbesondere die regionale bäuerliche Landwirtschaft in ihrer Einzigartigkeit wieder näherzubringen. Erst wenn in der Gesellschaft die Besonderheit dieser Landwirtschaft verstanden wird, kann auch die notwendige Wertschätzung stattfinden. Mit einem allgemein verbesserten Verständnis für die bäuerliche Landwirtschaft geht einher, dass der Kauf regionaler Produkte, auch wenn diese teurer sind, als Beitrag zum Erhalt dieser gesamtgesellschaftlich wichtigen Strukturen gesehen und gefördert wird.

Um diese Vision Realität werden zu lassen, nutzt Obermaier regionale Ansätze, wie die Durchführung von Workcamps, und hat hierfür gemeinsam mit Christoph Wasser, dem Gründer von Marktplatz LandKultur, 2024 die Initiative ‚A hoch 3‘ ins Leben gerufen. „A hoch 3“ steht dabei für „Agrarkultur, Agrarkommunikation und Agrarbildung“. Ein grundlegendes Ziel von ‚A hoch 3‘ war und ist u. a. die Durchführung von Workcamps in der südbadischen Region.

Im Rahmen dieser Kooperation fand dann im September 2025 das „7th Green Workcamp“ von Obermaier erstmals mit Unterstützung des Netzwerks ‚A hoch drei‘ auf dem Thaddäushof in Kirchzarten statt.

Tagsüber arbeiteten die insgesamt 16 Studierenden auf verschiedenen Bauernhöfen und Gärtnereien im Dreisamtal. So gewährten die Familien vom Ruhbauernhof in Kirchzarten und vom Hinterbauernhof in Stegen Einblicke in die Milchviehhaltung mit Grünlandbewirtschaftung in Hanglagen. Beim Obsthof Miedtke lernten die Studierenden einiges über den Erwerbsobstbau kennen. Und bei SoLaWis Lebensgarten Dreisamtal und Grünland sowie der Bio-Gärtnerei Echinos erfuhren die Studierenden einiges über den Feldgemüseanbau und die Leitidee einer solidarischen Landwirtschaft. Vor und nach der Arbeit verbrachte man die Zeit gemeinsam: Man nahm zusammen das Frühstück ein und aß zusammen zu Abend. Man saß abends noch beim Feuer zusammen und es entstanden Freundschaften über die Ländergrenzen hinweg.

Workcamp-Teilnehmer beim gemeinsamen Abendessen
Workcamp-Teilnehmer beim gemeinsamen Abendessen

Während die französischen Teilnehmer des Workcamps überwiegend selbst aus der Landwirtschaft stammten oder in Zukunft den elterlichen Hof übernehmen wollen, war dies bei den deutschen Teilnehmern anders. Die allermeisten hatten zuvor noch keinen Einblick in die Landwirtschaft bekommen. Im Rahmen des Workcamps konnten sie mit allen Sinnen die wichtige Erfahrung machen, dass die Landwirtschaft etwas Lebendiges ist und somit nicht komplett durchgeplant werden kann. Die Natur funktioniert nach ihren eigenen Gesetzen. Jene Arbeitsschritte, die in einem Jahr zum wirtschaftlichen Erfolg führen, können im darauffolgenden Jahr völlig verkehrt sein. Die Studierenden gewannen insgesamt wertvolle Erkenntnisse, die für ihre berufliche Karriere von Vorteil sind und die ihnen Hörsäle und das Internet nicht hätten vermitteln können.

Der Termin für das Workcamp auf dem Thaddäushof war so gewählt worden, dass die Studierenden zusammen mit Obermaier anlässlich des 4. Höfe-Festivals in einer Gesprächsrunde zum Thema „Grüne Workcamps als Bildungsformat einer integrierten Agrarbildung“ über ihre frisch gewonnenen Erfahrungen berichten konnten. Dies taten sie mit großem Enthusiasmus: Alle teilnehmenden Studierenden waren begeistert bei der Sache, die Zeit verging viel zu schnell. Und das, obwohl das Workcamp wettertechnisch wirklich ins Wasser gefallen war, denn pünktlich zu Beginn setzte eine Regenperiode ein, die wiederum pünktlich zu Beginn des Höfe-Festivals endete. Der Himmel und der Schwarzwald zeigten sich im nebligen Grau mit Dauerregen. Eine Teilnehmerin fragte einmal, ob man von hier aus bei schönem Wetter die Schwarzwaldberge sehen könne.

Die Arbeit in der Landwirtschaft, mit Tieren, in und mit der Natur ist kein Schönwetterberuf, das war das Resümee aller Teilnehmenden, trotzdem bereute niemand seine Teilnahme am Workcamp. Eine Fortsetzung folgt …

Auch das „7th Green Workcamp“ wurde wie die sechs vorhergehenden Workcamps von Dr. Dieter Franz Obermaier durch das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) finanziell unterstützt.

Diese Beiträge könnten Sie auch interessieren

Ein internationales Workcamp für Studierende im Dreisamtal
Trends für Hofläden und Direktvermarkter

Vom Acker in die Ackerbox – Ein Rundgang über die ExpoDirekt 2025

Alle Jahre wieder gibt es in Karlsruhe eine Fachmesse für landwirtschaftliche Direktvermarktung. Am 19. und 20. November zeigte die ExpoDirekt, was die Branche aktuell beschäftigt. Neben zahlreichen …

Weiterlesen ›
Ein internationales Workcamp für Studierende im Dreisamtal
Nachlese Höfe-Festival 2025

Land und Leben – Geschichten aus dem LandKultur-Zelt

Das LandKultur-Zelt hat sich als fester Bestandteil des Höfe-Festivals etabliert. Auch in diesem Jahr gewährten Landwirte persönliche Einblicke – von probiotischem Weinbau über Hinterwälder Rinder bi…

Weiterlesen ›
Ein internationales Workcamp für Studierende im Dreisamtal
Nachlese Höfe-Festival 2025

Bäuerliche Kulturlandschaft verstehen und erhalten – ein Vortrag

Was haben bäuerliche Landwirtschaft, Kulturlandschaft und Artenvielfalt gemeinsam? Dieser Frage widmete sich Reinhold Treiber, Biologe und Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands Breisgau-H…

Weiterlesen ›