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Ein Blick in die Geschichte

500 Jahre Bauernkrieg in Südbaden und Oberschwaben, Teil 1

von Rainer Bank, 11. April 2025 Gnadenlose Feudalwirtschaft, Missernten, Realteilung: Die Belastung der Bauernschaft in Süddeutschland war bereits im ausgehenden 15. Jahrhundert enorm und führte letztlich zur größten bewaffneten Erhebung der Bauern. In Teil 1 unserer Serie blicken wir auf die Hintergründe und Folgen dieses blutigen Konfliktes.
500 Jahre Bauernkrieg in Südbaden und Oberschwaben, Teil 1
Bauerndemonstration im Dreisamtal, Januar 2024

Schwierige Zeit für Bauern

Im Südwesten von Deutschland gab es im Vorfeld des sogenannten Bauernkriegs kein einheitliches Herrschaftsgebiet mehr. Das einstige Herzogtum Schwaben, vom Vogesenhauptkamm bis an den Lech reichend, war in immer kleinere Feudalgebiete zerfallen. Die damalige Weltmacht Habsburg verfügte über einen Flickenteppich an Ländereien im Breisgau und in Oberschwaben. Es gab regionale Fürstentümer, freie Reichsstädte, klösterliche Besitztümer und die Fürstbistümer Augsburg und Würzburg, die ebenfalls feudal organisiert waren.

Die Bauern trugen die Hauptlast zur Aufrechterhaltung der Feudalgesellschaft mit ihrem umfangreichen Hofstaat. Durch die territoriale Zersplitterung war die Zahl der feudalen Nutznießer angewachsen und die Bauern waren mit zusätzlichen Abgaben belastet worden. Die Nutzungsrechte am Wald und die Allmend-Bewirtschaftung von Wiesen und Ackerland waren den Bauern weitgehend entzogen worden, ebenso das Recht auf Fischfang.

In Süddeutschland wurde zur damaligen Zeit weitestgehend die Realteilung praktiziert: Nach dem Tod des Hofbauern wurde der Besitz unter seinen Kindern zu gleichen Teilen aufgeteilt. So waren Kleinstbetriebe entstanden, die kaum noch Erträge abwarfen, um die eigene Familie zu ernähren. Zudem hatten sich seit Ende des 15. Jahrhunderts die Missernten gehäuft und somit die Bauern in zusätzliche, bisweilen existenzielle Nöte gebracht.

Der Adel und der Klerus zeigten jedoch kein Interesse an einer Verbesserung der Lebensumstände der Bauern; dies wäre nur auf Kosten der eigenen Privilegien gegangen. Und auch die 1517 einsetzende Reformation griff nur die Missstände des Klerus auf, ohne sich mit den Bauern zu solidarisieren.

Der Beginn des Bauernkriegs

Aufgrund der geschilderten schlechten Bedingungen für die Bauernschaft flackerten seit dem Spätmittelalter in verschiedenen Regionen Mitteleuropas immer wieder Unruhen auf, die aber relativ rasch von der Obrigkeit unterdrückt werden konnten. Ein Beispiel des Aufbegehrens der Bauern in Süddeutschland war die sogenannte Bundschuh-Bewegung. Im Rahmen dieser „Bewegung“, die als ein Vorläufer des späteren Bauernkriegs gilt, fanden in den Jahren 1493 bis 1517 mehrere bewaffnete Aufstände statt, unter anderem auch im Breisgau.

Der Funke für den Bauernkrieg entzündete sich am Vorabend des Johannistages, den 23. Juni 1524 bei Stühlingen. Dort waren Bauern vor das Schloss des Grafen von Lupfen gezogen, um ihre Sorgen und Beschwerden vorzutragen. Schnell verbreitete sich der Protest der Bauerschaft über die jeweiligen Territorialgrenzen hinweg. Schon ab August 1524 begannen sich die Bauern militärisch zu organisieren, indem sie sogenannte Bauernhaufen bildeten und dazu Hauptleute wählten. Militärisch gänzlich unerfahren waren die Bauern nicht, da sie vorher schon verpflichtet gewesen waren, für ihren Landesherrn Kriegsdienst zu leisten.

Am 2. Oktober 1524 rotteten sich ca. 800 Bauern anlässlich der Hilzinger Kirchweih im Hegau zu einer Eidgenossenschaft zusammen, was den Ausgangspunkt eines größeren Zusammenschlusses bildete. Als ihren Anführer wählten die Bauern Hans Müller von Bulgenbach, der in Frankreich als Söldner gekämpft hatte und somit über militärische Erfahrung verfügte. Sein Bauernheer wuchs rasch auf mehrere tausend Mann an und zog in den Herbst- und Wintermonaten über den Schwarzwald in Richtung Westen, und zerstörte so manche Burg, die auf ihrem Weg lag.

Am 23. Mai 1525 zog das Bauernheer kampflos in Freiburg ein. Nach diesem Erfolg wollte Hans Müller von Bulgenbach mit seinem Bauernhaufen nach Radolfzell am Bodensee weiterziehen, um bei der Belagerung Radolfzells zu Hilfe zu kommen. Das Gros seiner Streitmacht zog es jedoch wieder nach Hause auf die Höfe, um die liegengebliebene Arbeit zu erledigen. Seine dezimierte Streitmacht konnte so recht schnell von einem Heer im Auftrag Habsburgs aufgerieben werden.

Die Obrigkeit hätte den Aufstand am liebsten schon zu Beginn im Keim erstickt. Aber es fehlten ihnen zunächst die militärischen Mittel, um den Bauernaufstand niederzuschlagen. In Italien war die Weltmacht Habsburg unter Kaiser Karl V. in einen Krieg mit Frankreich verwickelt. Es stand also zunächst kein Geld für die Anwerbung von Soldaten zur Verfügung und ohnehin war der Söldnermarkt nahezu leer. So blieb es immer wieder bei Vermittlungsbemühungen mit befristeten Waffenstillständen: Schiedsgerichtstage wurden angesetzt und letztlich immer wieder verschoben.

Bauerndemonstration auf dem Münstermarkt Freiburg, Januar 2024
Bauerndemonstration auf dem Münstermarkt Freiburg, Januar 2024

Das Manifest des Bauernkriegs: die „12 Artikel“ von Memmingen

Der Schwerpunkt der Rebellion verlagerte sich zwischenzeitlich weiter nach Osten. In der Bodenseeregion und in Oberschwaben schlossen sich im Winter 1524/1525 drei große Bauernhaufen zusammen: der Seehaufen, der Baltringer Haufen bei Biberach und der Allgäuer Haufen. Es gelang, die drei Bauernhaufen zu bündeln und mit Nachdruck Forderungen an die Obrigkeit zu stellen. So wurde am 6. März 1525 in der freien Reichsstadt Memmingen ein Forderungskatalog aus 12 Artikeln verfasst, der zum weit ausstrahlenden Manifest des Bauernkrieges wurde.

Die Niederschlagung der Bauernaufstände

Letztlich gelang es der Obrigkeit mit finanzieller Unterstützung durch die Kaufmannsfamilie Fugger aus Augsburg, ein Heer mit 9.000 Landsknechten und 1.500 Reitern zu bilden. Als Heerführer wurde Truchsess Georg von Waldburg-Zeil bestimmt, um den Bauernaufständen ein jähes Ende zu bereiten. Bei Leipheim in Bayrisch Schwaben wurde bereits am 4. April 1525 ein erstes blutiges Exempel statuiert. Gegen das mit modernen Waffen ausgerüstete Heer hatte der Bauernhaufen keine Chance. In kurzer Zeit war die Schlacht entschieden. Wer nicht auf dem Schlachtfeld umkam oder fliehen konnte, wurde nach der Schlacht hingerichtet. Um die 4.000 Bauern mussten hier ihr Leben lassen. So gelang es dem Heer von Truchsess Georg von Waldburg-Zeil, bis in den Sommer hinein flächendeckend teilweise auf blutigste Art nach und nach die Bauernschaft niederzumetzeln. Dabei wurden unbeteiligte Frauen und Kinder nicht verschont. Seine Erbarmungslosigkeit trug ihm recht schnell den Beinnamen „Bauernjörg“ ein. Nach zeitgenössischen Schätzungen soll die Zahl der insgesamt getöteten Bauern bei 100.000 gelegen haben.

Nachteilig für die Kampfkraft und die Moral des Bauernheeres hatte sich sicher auch die Tatsache ausgewirkt, dass es einen großen Teil der revoltierenden Bauern ab Frühlingsbeginn wieder nach Hause gedrängt hatte, um die liegengebliebene Feldarbeit wieder aufzunehmen. Auf deutschem Boden hatte sich in der Folgezeit die Bauernschaft nie mehr in vergleichbarer Weise erhoben.

In Teil 2 zum Thema „500 Jahre Bauernkrieg“ wird es um die „12 Artikel“ gehen, ein Manifest, das durchaus interessante Bezüge zur Gegenwart aufweist.

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